Jahresthema
- Giftpflanzen
Heil- oder
Giftpflanze - Die Dosis macht's!
Giftig
oder nicht?
Bei
Vergiftungserscheinungen: Rat bei der
Gift-Info in Mainz
Telefon-Nr.:
06131 - 1 92 40
Kinder im Garten sind
der häufigste Grund dafür, warum
viele Menschen Angst vor
Giftpflanzen haben.
Besorgte Eltern
verlangen bisweilen sogar ein
generelles Verbot von giftigen
Pflanzen im öffentlichen Grün.
Immer wieder wird in
diesem Zusammenhang auch der Ruf
nach verbindlichen Pflanzenlisten
laut. Allerdings nützen diese Listen
wenig, wenn die Pflanzenkenntnisse
der Erwachsenen und damit die der
Kinder rapide abnehmen, also die
Pflanzen gar nicht erkannt werden!
Da heute das Wissen um
die Essbarkeit und Verwendung von
Pflanzen in der Bevölkerung zurück
geht, wächst auch die Unsicherheit.
Tatsächlich gibt es aber in unseren
Breiten nur sehr wenige wirklich
giftige Pflanzen.
„Die
Dosis macht das Gift“
Wer in verschiedenen
Büchern über Giftpflanzen blättert,
stellt fest: auch die
Fachbuchautoren sind sich nicht
immer einig.
So kann eine Pflanze
in einem Buch als ungiftig
aufgeführt werden, weil sie nach dem
Genuss größerer Mengen allenfalls
Erbrechen verursacht – ein anderer
Autor aber sieht diese Pflanze
deswegen schon als giftig an. Manche
Pflanzen, die zu den Giftpflanzen
gezählt werden, spielen in bekannter
Dosierung auch als Heilpflanze eine
Rolle.
Und so trifft
Paracelsus (1493 – 1551) den Kern
der Sache, wenn er feststellt: „Die
Dosis allein macht das Gift.“
Deshalb sollte auf
keinen Fall generell zur Vernichtung
von Pflanzen aufgerufen werden, die
als giftig bezeichnet werden.
Wichtiger ist es, sich
zu informieren und so zu einer
realistischen Einschätzung der
Gefährdung von Kindern und
Erwachsenen durch giftige Pflanzen
zu gelangen.
Verlockende
Früchte
Kleinen Kindern, die
noch alles in den Mund stecken was
sie finden, ist bei Stauden und
Gehölzen mit attraktiven, aber
giftigen Beeren Vorsicht geboten. In
diesem Alter werden die Kinder beim
Spielen im Garten aber in der Regel
beaufsichtigt.
Einige Probleme lassen
sich schon durch einfache Maßnahmen
vermeiden: So wird der Seidelbast in
der Regel gleich nach der Blüte
zurückgeschnitten, denn er bildet
seine Blüten am Neutrieb.
Gleichzeitig entwickelt er auf diese
Art und Weise keine giftigen Früchte
mehr.
Bei der zweihäusigen
Eibe kann man
das Problem der giftigen Samen
umgehen, indem man in der Baumschule
männliche Pflanzen verlangt, die
keine Früchte ausbilden. Auf die
Idee die ebenfalls giftigen Nadeln
zu zerkauen, werden Menschen
hoffentlich nicht kommen.
Die Pflanze, die zu
den meisten Vergiftungen bei kleinen
Kindern führt, ist übrigens der Tabak.
Viele Kinder ziehen sich schwere
Nicotin-Vergiftungen durch Lutschen
von Zigarettenstummeln zu, die die
Eltern achtlos zurückgelassen haben.
Wissen
nützt – Wissen schützt
Wenn die Kinder größer
werden, kann man ihnen erklären,
welche Pflanzen gefährlich sind und
warum bestimmte Pflanzenteile nicht
gegessen werden dürfen.
Dabei ist zu beachten,
dass Giftpflanzen nicht immer in
allen Teilen Gift enthalten. Ist es
nun die Wurzel, der Stengel oder
sind es die Früchte vor denen wir
uns in Acht nehmen müssen? Selbst
unsere Nutzpflanzen enthalten in
manchen Pflanzenteilen giftige
Stoffe.
Anschauungsmaterial
finden wir in fast jedem Garten: Wir
essen nicht die Blätter der Tomate,
oder die Blätter und Früchte der Kartoffel,
weil wir wissen, dass die genannten
Pflanzenteile giftig sind.
Beim Schwarzen
Holunder enthalten alle grünen
Pflanzenteile und die Samen das zum
Erbrechen reizende Glycosid
Sambunigrin. Bei der Verarbeitung
und Erhitzung wird Sambunigrin
zuverlässig zerstört.
Ebenso kann bei der gemeinen
Eberesche der
Verzehr größerer Mengen roher
Früchte zu Magen-Darm-Beschwerden
führen. Als Gelee, Konfitüre,
Kompott oder Destillat werden sie
dagegen geschätzt.
Die Edeleberesche enthält von vorne
herein wesentlich weniger
Bitterstoffe.
Gefährlicher
Tee-Trip
Unter Jugendlichen
führen neben Mutproben immer
häufiger Experimente mit Pflanzen
als Ersatzdrogen zu Vergiftungen.
Bekanntestes Beispiel ist die Engelstrompete,
bei der das Zerkauen der Blätter
oder deren Zubereitung als Tee zu
Halluzinationen führen kann. Wegen
der stark unterschiedlichen
Wirkstoffgehalte in den Blättern
kann der Genuß zu lebensbedrohlichen
Gesundheitsschäden führen.
Im Internet tauchen
immer neue Hinweise auf die
verschiedensten Pflanzen mit
halluzinogener Wirkung auf (und
diese werden dort auch gehandelt).
Deshalb sollte Jugendlichen deutlich
gemacht werden, dass der Missbrauch
von Zierpflanzen als Drogen sehr
gefährlich ist.
Die Pflanzenteile
können abhängig von Sorte, Standort
und Wachstumsbedingungen völlig
unterschiedliche Mengen an
Inhaltsstoffen haben, so dass die
tatsächlich eingenommene
Wirkstoffmenge unkalkulierbar ist.
Verwechslungen
Bei Erwachsenen stehen
Verwechslungen mit pflanzlichen
Nahrungsmitteln, die
Selbstmedikation und Suizidversuche
als Ursache für Vergiftungen durch
Pflanzen im Vordergrund.
Beispielsweise ist es
bereits vorgekommen, dass statt Bärlauch die
Blätter der Herbstzeitlose oder
des Maiglöckchens
gesammelt wurden: In
beiden Fällen kann der Verzehr zu
Vergiftungserscheinungen führen.
Grundsätzlich gilt
daher auch für Erwachsene, dass
Pflanzen, die man nicht zweifelsfrei
erkennt, nicht verzehrt werden
dürfen.
Es können auch keine
Rückschlüsse auf die Eßbarkeit von
Früchten gezogen werden, wenn z.B.
Vögel bestimmte Beeren aufnehmen. So
fressen sie auch die Beeren der
Eibe, deren Fruchtmantel ungiftig
ist. Die Samen aber, die auch für
die Vögel schädlich wären, werden
unzerkaut wieder ausgeschieden.
Aufklärung
statt Verbannung
Ein Garten ohne
jegliche giftige Pflanze ist kaum
vorstellbar und auch nicht
wünschenswert. Eine Verarmung der
Gartenkultur und der
Pflanzenvielfalt wäre die Folge.
Pflanzen, auch die
giftigen, sind ein natürlicher Teil
unserer Umgebung. Selbst wenn wir
die „Giftpflanzen“
aus
unseren Gärten verbannen, begegnen
sie uns möglicherweise in der freien
Landschaft wieder.
Einige für uns giftige
oder ungenießbare Pflanzen bzw.
Beeren sind sogar wichtige Nahrung
und Lebensraum für Vögel und andere
Tiere. Aufklärung und nicht
Verbannung ist deshalb der richtige
Weg. Durch gezielte Information im
Vorfeld können Vergiftungsfälle
durch Pflanzen deutlich reduziert
werden.
Von echter Giftigkeit
kann bei Pflanzen allerdings nur
gesprochen werden, wenn bereits bei
kleinen Mengen ernste
Vergiftungssymptome auftreten.
Die „Mainzer
Pflanzenliste“ der
Universität Mainz basiert auf über
Jahre gesammelten Daten.
Informieren
Sie sich über giftige Pflanzen,
deren Aussehen und Wirkung!
Quelle: LOGL
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